Freitag, 24. Mai 2013

Nachtrag zur Exkursion in die Kladdinger Wiesen

Hier nun der versprochene Nachtrag zu unserer letzten Exkursion in die Kladdinger Wiesen. Insgesamt war es eine schöne und gelungene Exkursion auf der viel zu sehen gab. Durch die Teilnehmer_Innen wurde vor allem auf zoologische Aspekte, besonders Avifauna, geachtet. Die Teilnahme hielt sich zwar durch die unmittelbare Klausurnähe in Grenzen, aber immerhin haben einige den Ausflug als willkommene Pause vom Lernen angenommen und so waren wir immerhin vier Personen. Zu viert haben wir uns also zu studentenfreundlicher Uhrzeit und strahlendem Sonnenschein aufgemacht, um das bereits niedersächsische NSG zu erkunden.

Der Weg dorthin führt durch den 'Park links der Weser' und an der Schutzhütte Ecke Heulandstr./Neue Kladdinger Str. haben wir dann auch Zwischenhalt gemacht  um uns die umliegenden Brachen und Gewässer anzuschauen. Folgende Arten konnten wir dort auf die schnelle entdecken (Rote-Liste-Status HB/NS steht bei bedrohten Arten in Klammern):

Ringeltaube Columba palumbus
Kanadagans 
Branta canadensis (Neozoon)
Graugans Anser anser
Austernfischer Haematopus ostralegus
Reiherente Aythya fuligula
Bachstelze Motacilla alba
Star
 Sturnus vulgaris (Vorwarnliste)
Rabenkrähe Corvus corone
Stockente Anas plathyrynchos
Rauchschwalbe Hirundo rustica (Gefährdet)
Turmfalke Falco tinnunculus (Vorwarnliste)
Saatkrähe Corvus frugilegus (Vorwarnliste)
Zilpzalp Phylloscopus collybita
Rohrammer Emberiza schoeniculus
Mäusebussard Buteo buteo
Dohle Corvus monedula



Kommt im Bild vielleicht grade nicht so rüber, aber die Graugänse im Hintergrund nutzen das Wetter um sich ausgiebig zu Baden und sich regelrecht im Wasser herumzurollen. Im Vordergrund sucht ein Austernfischer nach Nahrung (Foto: Max Kampen)

Im Geäst und Röhricht hinter dem Schutzhäuschen konnten wir Rohrammern entdecken (Foto: Max Kampen)

Nach dem erwähnten Zwischenstopp ging es über die Neue Kladdinger Str. weiter zu den Kladdinger Wiesen. Unterwegs hatten wir die Gelegenheit einem Rotfuchs beim Sonnenbad zuzusehen. In den Kladdinger Wiesen ging es dann weiter mit dem Birdwatching und wir konnten die ein oder andere interessante Art unserer Liste hinzufügen. Schließlich wurden folgende Vögel beobachtet (Bei den Steinschmätzern handelt es sich wahrscheinlich jedoch um Durchzügler. Brütende Paare wären in den Kladdinger Wiesen schon eine Sensation gewesen ;-) ):

Schafstelze Motacilla flava 
Saatkrähe Corvus frugilegus (Vorwarnliste)
Rabenkrähe Corvus corone
Weißstorch Ciconia ciconia (Stark gefährdet)
Zilpzalp Phylloscopus collybita
Kiebitz Vanellus vanellus (Gefährdet)
Feldlerche Alauda arvensis (Gefährdet)
Steinschmätzer Oenanthe oenanthe (Vom Aussterben bedroht)
Schnatterente Anas strepera
Graureiher Ardea cinerea
Rohrammer 
Emberiza schoeniculus
Nilgans Alopochen aegyptiaca (Neozoon)
Kuckuck Cuculus canorus (Gefährdet)
Jagdfasan Phasianus colchicus (Neozoon)
Blässralle Fulica atra
Schwarzkehlchen Saxicola rubicola 
Rauchschwalbe Hirundo rustica (Gefährdet)
Bekassine Gallinago gallinago (Stark gefährdet)
Feldschwirl Locustella naevia (Gefährdet)


Im Vergleich zur ersten Liste fällt vor allem direkt die höhere Anzahl an Arten der Roten Liste auf. Dies spricht schon mal für das NSG. Kiebitze und Steinschmätzer konnten besonders auf den Maisäckern festgestellt werden. Während die Steinschmätzer, wie bereits oben erwähnt, auf Durchzug waren, konnten die Kiebitze beim Balzen beobachtet werden. Als wir auf dem Deich lang gingen flog in einer Wiese eine Bekassine auf. Der in Niedersachsen und Bremen stark gefährdete Vogel ist besonders von der intensivierten Landwirtschaft betroffen und zeigt fast überall massive Bestandsrückgänge. Der NABU und LBV haben die Bekassine 2013 zum Vogel des Jahres ausgerufen.

Blick auf das südliche Ufer der Ochtum und auf seine, für die Vogelwelt, wertvollen Röhrichtbestände. (Foto: Max Kampen)


Wiesenschafstelze zeigt ihre Schokoladenseite. (Foto: Max Kampen)

Auf den Feldern und Wegen konnten einige Steinschmätzer beobachtet werden. Auf dem Pfosten im Hintergrund kann man ein Weibchen erahnen. (Foto: Max Kampen)


Lagebesprechung auf dem Deich. (Foto: Max Kampen)

Linker Flügel eines Kiebitzes. An der Stelle wurden noch weitere Überreste anderer Tierarten gefunden: Federn eines Turmfalken und einer Ringeltaube, sowie eine Kaninchenpfote. Offensichtlich hat dort ein Prädator seinen Rupfplatz. (Foto: Oliver Brockmann) 

Ein, vor allem seitens der Jägerschaften, gefürchteter Neozoon. Eine Schadwirkung durch Konkurrenz auf andere Entenvögel wie z. B. der Graugans ist allerdings nicht bewiesen. (Foto: Max Kampen)

Ein männliches Schwarzkehlchen. Als Vögel der Moore und Verlandungszonen waren die Schwarzkehlchen besonders gut in den Röhrichtbeständen zu beobachten. (Beide Fotos: Max Kampen) 

Und nochmal das passende weibliche Schwarzkehlchen dazu. (Beide Fotos: Max Kampen)

Und weil es so schön fotogen aussieht nochmal beide nebeneinander. (Foto: Max Kampen)

Auf dem Rückweg durch die Kleingartenparzellen ist Max noch dieser Gimpel vor die Linse geflogen. (Foto: Max Kampen)

Alles in allem war die Exkursion ein voller Erfolg. Ständig gab es etwas zu entdecken und, obwohl wir über vier Stunden unterwegs waren, kamen keine Längen auf. Das Wetter hat sein Übriges getan um diese Exkursion zu einem schönen, sommerlichen Ausflug zu machen. Ich für meinen Teil freue mich schon auf unsere Exkursion am 2. Juni an das Ochtum Sperrwerk. Neben ornithologischen Highlights gibt es dort auch allerlei für Freunde der Vegetation zu entdecken (z. B. Bremens einzige Hauhechel-Wiese). Denkt auch daran, dass wir uns nächste Woche zum Gehölzebestimmen in den Stadtwald treffen wollten. Für Terminvorschläge bin ich offen - bislang habe ich aber noch keine Rückmeldung zu dieser Aktion bekommen. Es ist nun übrigens auch möglich direkt als Nicht-Gmail-Nutzer Kommentare unter den Blogposts zu schreiben.

Bis zum nächsten Mal,
Olli



Mittwoch, 22. Mai 2013

Ein paar Worte zu alpiner Ökologie und Vegetation


Das Glück eines Ökologen ist es, dass er stets um sich herum Dinge aus seinem Fach hat, die er beobachten, analysieren und im besten Fall wiedererkennen kann. Der Grundaufbau der Ökologie ist für jedes Ökosystem ebenso gültig, wie die Prozesse, die in ihm ablaufen. Natürlich hat dennoch jede Region, jede Klimazone ihre Eigenheiten, die sie besonders machen. Als Internationaler Studiengang haben wir das Glück, durch viele verschiedene, auf der ganzen Welt laufende Projekte schon früh einen Einblick in diese Vielfalt zu bekommen und das ökologische Denken zu schulen. Vor diesem Hintergrund im Folgenden ein paar Worte zu der Ökologie der alpinen Stufe mit Schwerpunkt auf dem skandinavischen Gebirge in Norwegen.

Gebirge entstehen durch die Kollision von Kontinentalplatten. Durch die gegeneinander treibende Drift, die durch des „Treibens“ der Platten auf den flüssigen Teilen der Erdschichten hervorgerufen wird, heben sich die Platten an den Stellen, an denen sie aufeinandertreffen an und Berge entstehen. Die Skanden erheben sich so durch die Kollision des baltischen und des kanadischen Schildes und tun dies seit ca. 400 Millionen Jahren. 

Erkennen wir bei uns in Norddeutschland in der Landschaft oft in den Eiszeiten gebildete Strukturen wie Moränen, Urstromtäler und Seen wieder, so ist das skandinavische Gebirge durch und durch in den Eiszeiten mitgestaltet worden. Das typische Bild nordeuropäischer Gebirge unterscheidet sich durch andere wie den Alpen dadurch, dass die Berge rundlicher und sanfter geformt sind (die typische U-Form vieler Täler). Das kommt daher, dass ganz Skandinavien komplett mit einem bis zu 1500 m dicken Eispanzer überzogen war und dieser mit seinen Bewegungen alle groben Kanten abgeschliffen hat. Noch heute findet man viele Überreste der Gletscher, die allerdings immer mehr zurückgehen, wie beispielsweise der größte Gletscher auf dem europäischen Festland, der Jostedalsbreen im westlichen Norwegen. Es wird diskutiert, ob es Gipfel gab, die über die Vergletscherung herausragten und auf denen Pflanzenarten die Vergletscherung überdauern konnten, sogenannte Nunataks. Das Vorkommen einiger Arten wie Rhododendron lapponicum und Carex scirpoidea um solche hypothetischen, refugialen Nunataks in Nordeuropa wird als Indikator für diese Hypothese gesehen, da die nächsten Vorkommen dieser Arten in Nordamerika liegen. Des Weiteren gibt es Mohnarten (Papaver spec.), die nur lokal verbreitet sind und diese These ebenfalls stützen. Viele der rezent vorkommenden Arten sind nach der Eiszeit aus südlichen und östlichen Gefilden eingewandert.

Typische U-Form von Tälern als Folge von Gletscherschliff in den Eiszeiten
Die zonale Vegetation in Norwegen und dem Rest des nördlichen Skandinaviens ist der boreale Nadelwald. Lediglich in den südlichsten Regionen Norwegens und dem Südzipfel Schwedens finden sich gemäßigte Laubwälder. Diese werden nach Norden hin durch den "Limes norrlandicus", der natürlichen Verbreitungsgrenze der Stieleiche (Quercus robur), begrenzt. Hauptbildende Baumarten im borealen Wald sind die Fichte (Picea abies) und die Waldkiefer (Pinus sylvestris, auf trockeneren Standorten). Aufgrund dieser vergleichsweise geringen Diversität von waldbildenden Baumarten, werden Waldgesellschaften in der klassischen skandinavischen Vegetationsökologie eher nach dem Unterwuchs, teilweise sogar nach der Kryptogamenzusammensetzung definiert. Es finden sich zusätzlich beigemischt verschiedene Laubwaldarten wie Zitterpappel oder Espe (Populus tremula, daher Begriff "zittern wie Espenlaub", wer mal eine Zitterpappel im Wind gehört hat, weiß wieso), Grauerle (Alnus incana), Moorbirke (Betula pubescens) oder Eberesche (Sorbus aucuparia). Zonale Vegetation kennzeichnet dabei die Vegetation, die durch das vorherrschende Großklima bestimmt wird. Daneben gibt es noch azonale Vegetation, die nicht an das Großklima gebunden ist, wie Auwälder an Flussauen oder Röhrichte, sowie extrazonale Vegetation, die durch klimatische Unterschiede innerhalb einer Vegetationszone so sehr von der zonalen Vegetation abweichen, dass sie eher einer anderen Vegetationszone zuzuordnen sind. Die alpine Vegetation ist ein Beispiel dafür.

Pflanzen in alpinen Lagen sind nicht nur einer kurzen Vegetationsperiode, sondern oft auch starken Windverhältnissen (führen zu Austrocknung) und mechanischem Stress durch Eis ausgesetzt. Organische Substanz wird durch niedrige Temperaturen sehr langsam abgebaut, so ist die Nährstoffnachlieferung sehr gering und auch die Photosyntheserate und dadurch beeinflusst die Wuchsleistung werden vermindert. Unterhalb des Temperaturkompensationspunktes - der Punkt, an dem die Temperatur gerade noch ausreicht, um genug Photosynthese zu betreiben, um die Zellatmung ohne Verluste zu gewährleisten - ist die Energiebilanz negativ. Wasserverfügbarkeit kann ebenfalls ein Problem sein. An günstig exponierten Standorten sowie weit im Norden ist Einstrahlungsdauer und –intensität der Sonne dafür z.T. sehr hoch (jedoch auch der UV-Stress). Schnee wirkt isolierend gegen kalte Temperaturen und schützt vor Austrocknung durch Wind, jedoch verkürzt er auch die Vegetationsperiode und hält die Temperatur in so erträglichen Höhen (um die 0°C), dass viele Pflanzen trotzdem Stoffwechselaktivität zeigen und so energiereiche Zucker veratmen, tw. ohne neue aufbauen zu können. Deshalb ist eine hohe Stresstoleranz oft konkurrenzentscheidend. Durch heterogene Standortverhältnisse, die durch o.g. Faktoren, aber auch durch kleinräumige Unterschiede in dem Grundgestein und Bodenverhältnissen hervorgerufen werden, ist eine mosaikartige Ausprägung von verschiedenen Vegetationstypen zu beobachten.

Viele Arten, die hauptsächlich im Gebirge vorkommen, haben dabei besondere Strategien, um in dem harschen Klima zu überleben, so z.B. Investition in unterirdische Pflanzenteile (u.a. zur Speicherung von Nährstoffen und Kohlenstoff), Polsterwuchs (inkl. Schaffung eines eigenen Mikroklimas), Behaarung, eher vegetative statt generative Vermehrung und weitere. Eine hohe Regenerationsfähigkeit ist ebenfalls von Vorteil. Verschiedene Strategien gibt es auch bei der Beblätterung: Immergrüne Pflanzen wie Koniferen und viele Zwergsträucher werfen ihre Blätter zum Ende der Vegetationsperiode nicht ab, dafür müssen sie nicht erst neue entwickeln, wenn die Nächste beginnt. Laubwerfende Pflanzen können in den Blättern vorhandene Stoffe wieder in Spross oder in unterirdische Pflanzenteile zurückziehen und so speichern (daher auch die herbstliche Färbung des Laubes), müssen jedoch erst neue Blätter bilden, um die Sonnenenergie effektiv nutzen zu können. Durch die Kürze der Vegetationsperiode kann so der Konkurrenzvorteil von Fichte und Kiefer gegenüber Laubbaumarten erklärt werden, der dem borealen Wald sein charakteristisches Bild verleiht.

Der Gegenblättrige Steinbrech (Saxifraga oppositifolia - Saxifragaceae, einer der am nördlichsten (noch nördlich von Grönland auf kleinen Inseln) und am höchsten vorkommenden Pflanzenarten der Welt) wächst in Polstern und bildet überproportional große Blüten aus, um Bestäuber anzulocken. Dies ist häufig der Fall, so dass viele alpine Pflanzen sehr ansehnliche Blüten haben. Andere gehen einen anderen Weg und setzen auf Windbestäubung. Die Frühlings-Küchenschelle (Pulsatilla vernalis - Ranunculaceae) ist sehr behaart, um sich vor Frost zu schützen. Auch physiologische Anpassungen wie "Frostschutzmittel" in den Zellen sind verbreitet, so beim Gletscher-Hahnenfuß (Ranunculus glacialis - natürlich ebenfalls Ranunculaceae). Dieser wächst sehr langsam und braucht mehrere Jahre bis zur vollen Blütenentwicklung. In arktischen und alpinen Regionen ist ausserdem der Anteil von sich apomiktisch fortpflanzenden Arten wie dem Alpen-Frauenmantel (Alchemilla alpina - Rosaceae) erhöht. Bei diesen Pflanzen findet keine Meiose statt, die Gameten verschmelzen nicht und so entwickeln sich unbefruchtete, der Mutterpflanze genetisch identische Eizellen zum Embryo.

Gegenblättriger Steinbrech (Saxifraga oppositifolia)

Frühlings-Küchenschelle (Pulsatilla vernalis)

Gletscher-Hahnenfuß (Ranunculus glacialis)

Alpen-Frauenmantel (Alchemilla alpina)

Alpine Ökosysteme sind ebenso wie arktische dadurch gekennzeichnet, dass sie frei von Bäumen sind, sie liegen mit zunehmender Höhe über dem Meeresspiegel bzw. geographischer Breite oberhalb der Baumgrenze. Diese ist eine komplexe Begrenzung des Baumwachstums, die mehrere Ursachen hat und nicht immer klar definierbar ist. Die meisten der verursachenden Faktoren sind klimatischer Natur. Mit zunehmender Höhe und Breite wird das Klima wie wir wissen immer kälter und die Vegetationsperiode nimmt ab. Gehölze brauchen aber eine gewisse Zeitspanne, um ihren Lebenszyklus zu durchlaufen, und diese ist unter arktischen und alpinen Klimabedingungen nicht mehr gegeben. In kontinentaleren Regionen liegt die alpine Baumgrenze generell höher, da die Temperaturschwankungen extremer sind und so die Temperatursumme der wärmsten drei Monate auch höher ist, und diese ist mit der vertikalen Verteilung von Baumgrenzen korreliert. Durch standörtliche bedingte Mikroklimata können vereinzelte Individuen oder Baumgruppen über der gedachten Linie der Baumgrenze stehen, die arktische Waldgrenze kann so eine mehrere hundert Kilometer lange Übergangszone haben, die man dann Waldtundra nennt. Der Übergang von Wald- zu baumloser Vegetation in Gebirgen entspricht dem definierten Übergang von montaner zu (sub)alpiner Höhenstufe.

Gut sichtbare Waldgrenze als Übergang von montaner zu subalpiner Höhenstufe
Die Baumart, die im skandinavischen Gebirge zumeist die Baumgrenze bildet, ist die Moorbirke (Betula pubescens agg.), die wir auch in Bremen finden können. Je nach geografischer Lage sind die Höhengrenzen unterschiedlich, im Dovrefjell liegen sie bei ca. 1100 m üNN. Generell wird die baumgrenzenbildende Unterart als Betula pubescens ssp. czerepanovii bezeichnet. Die Stämme wachsen oft sehr krumm und mehrstämmiger Wuchs ist häufig. Oft wird dieser Wuchs durch Hybridisierung mit der Zwergbirke (Betula nana) erklärt.

Typische Wuchsform der Fjellbirke (Betula pubescens ssp. czerepanovii)

Zwergbirke (Betula nana)

Typische Szenerie eines Birkenwaldes nahe der alpinen Baumgrenze in Südost-Norwegen. Betula pubescens ist die dominante Baumart, des Weiteren finden sich Wacholder, Zwergbirke sowie Zwergsträucher und Grasartige in der knie- bis selten hüfthohen Kraut- bzw. Strauchschicht.
 Oberhalb der Baumgrenze können Gehölze weiterhin wachsen, jedoch sind diese in ihrem Wuchs beschränkt. Die meisten Sträucher wachsen nicht höher als knie-, in Ausnahmefällen bis hüfthoch. Niedrigwüchsige Sträucher wie Weidenarten (z.B. Salix glauca, Salix lapponum, Salix lanata, Salix phylicifolia, Salix myrsinites), Wacholder (Juniperus communis) und die Zwergbirke (Betula nana) wachsen in Bereichen, die nicht allzu windexponiert sind und wo der Schnee seine isolierende Wirkung entfalten kann.

Typische Alpine Heidenlandschaft oberhalb der Baumgrenze. Schon an der hellgrünen Farbe ist die Dominanz von Flechten zu erkennen. Ausserdem gibt es auch hier viele Zwergstraucharten sowie niedrig- und z.T krüppelwüchsige Sträucher, welche in den dunkleren Bereichen zu finden sind. Diese liegen oft in Depressionen, in denen sie dem Wind nicht so ausgesetzt sind und der Schnee daher auch länger liegen bleibt, was die Pflanzen schützt und ein im Vergleich besseres Wachstum ermöglicht

Seidenhaarige Weide (Salix glauca) mit Blütenstand (den Weidekätzchen)

Dies ist keine vertrocknete Blüte, sondern die getrocknete Galle, aus der die Larve der an Weiden parasitierenden Gallmücke Rhabdophagia rosaria geschlüpft ist (die Verzerrung passiert beim Upload, krieg das nicht weg).

Grundlage für Gin: Wacholder (Juniperus communis)

Generell finden sich viele Zwergstraucharten, wie die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus), die Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea), die Alpenazalee (Loiseleuria procumbens) und die Krähenbeere (Empetrum hermaphroditum), über die auch meine Masterthesis handelt. In dieser untersuche ich, wie sich die Morphologie (Wie sieht die Pflanze aus?) und die Phänologie (Wann blüht die Pflanze?) der Art in drei verschiedenen Habitaten mit verschiedener Schneebedeckung unterscheidet. Der Hintergrund dabei ist einerseits die Frage der lokalen Anpassung durch Genaustausch zwischen Subpopulationen bei synchroner Blüte (oder nicht) sowie die vorhergesagten veränderten Niederschlagsbedingungen durch den Klimawandel.

All diese Arten gehören der Familie der Heidekrautgewächse (Ericaceae) an, die unter anderem auch die artenreiche Gattung Rhododendron beherbergt. Alpine Standorte sind meistens sehr nährstoffarm, und Heidekrautgewächse können dieses Problem durch die Wurzelsymbiose mit Mycorrhiza-Pilzen sehr gut umgehen. Die Mycorrhiza-Symbiose von Ericaceen wird als eine der Spezifischten überhaupt angesehen. Eine der am besten erforschten und häufig vorkommenden Symbionten aus dem Pilzreich ist Hymenoscyphus ericae. Hier nun ein paar Bilder von Heidekrautarten.

Die Krähenbeere (Empetrum hermaphroditum) in voller Blüte

Habitus von Empetrum hermaphroditum

Blau- oder Heidelbeere (Vaccinium myrtillus)




Rauschbeere (Vaccinium uliginosum)
Blüten und trockene Blätter der Alpen-Bärentraube (Arctostaphylos alpinus)
Sowohl im Birkenwald als auch in den alpinen Heidegebieten oberhalb der Baumgrenze sind Flechten allgegenwärtig. Dies sind Pilze, die in Symbiose mit Algen oder Bakterien leben. Der Pilz stellt dabei den Lebensraum, der andere Teil der Symbiose photosynthetisch aktive Zellen. Besonders die im allgemeinen Sprachgebrauch als "Rentierflechten" bezeichneten Arten, die meist der Gattung Cladonia entstammen, weisen in der borealen Zone hohe Abundanzen auf. Die meiner Meinung nach Schönste ist Cladonia stellaris, die sich vielfach verzweigt und dichte Teppiche bildet. Von jedem Zweigende gehen dabei vier neue Zweige ab, von dessen Ende wieder vier usw. Sie hat hohe und anspruchsvolle Standortansprüche und bevorzugt nährstoffarme, saure, kalte und niederschlagsreiche Plätze zum Leben. In Deutschland gilt sie als vom Aussterben bedroht.
Oft als Fakebaum für Modelleisenbahnen missbraucht: Cladonia stellaris
Vierteilige Verzweigung von Cladonia stellaris

Generell können diese Flechten sowohl Trockenheit als auch Nässe genau so wie Hitze und Kälte tolerieren. Die Toleranz gegen letztere Faktoren haben sie jedoch nur im trockenen Zustand, in dem sie nicht stoffwechselaktiv sind, dies sind sie nur im feuchten. Getrocknet sind sie sehr porös und zerbrechen leicht wie dünne Muschelschalen, im feuchten Zustand fühlen sie sich eher schwammig an.

Eine weitere, bisher unbestimmte Rentierflechte (Cladonia spec.)
Kein Moos, wohl aber eine Flechte: Isländisch Moos (Cetraria islandica)
Stereocaulon paschale (Irgendwie dreht der das Bild beim Upload immer)
Auch Flechten können, ähnlich wie Moose, gute Bioindikatoren sein. Ein gutes Beispiel dafür ist das Phänomen, dass man die ungefähre mittlere Schneehöhe am Flechtenbewuchs der Birkenstämme ausmachen kann. Melanelia olivacea wächst oberhalb des Schneeschutzes und ist braun gefärbt, unterhalb dieser Grenze findet man dagegen die hellere Parmeliopsis ambigua.

Birke mit Bewuchs von Melanelia olivacea (braune Flechte) und Parmeliopsis ambigua (helle Flechte) zur Abschätzung der winterlichen Durchschnittsschneehöhe.

Es finden sich ausserdem oft spezialisierte krautige Pflanzen, die häufig sehr niedrigwüchsig sind sowie Süß- und Sauergräser (Familie Poaceae bzw. Cyperaceae) und eine diverse Moosflora. Leider sind diese auch dort nicht so einfach zu bestimmen ;) Moose sind ökologisch wichtig, da sie u.a. durch die Bereitstellung eines feuchten und mikroklimatisch ausgeglichenen Habitats gute Keimbetten für viele Gefäßpflanzenarten darstellen.

Hylocomium splendens, das "häufigste Moos Norwegens", am natürlichen Standort
Nochmals Hylocomium splendens, erkennbar ist der Stockwerkbau, der aus dem jährlichen Wachstum resultiert und den norwegischen Namen "Etasjemose" - Etagenmoos erklärt
Im Laufe der Zeit folgt sicherlich noch eine Ergänzung, wenn mehr Pflanzen blühen.

Weiterführende Informationen:
DIERßEN, K. (1996): Vegetation Nordeuropas, Ulmer Verlag
Meine Bachelorarbeit über die Vegetation borealer Wälder, erhältlich per Mailanfrage bei mir (agartenkenntnis@gmail.com)

Micha

Dienstag, 21. Mai 2013

Kurzprotokoll AG-Treffen vom 21.5.2013

Heute fand bereits unser drittes AG-Treffen statt. Die Themen drehten sich vor allem um die letzte Exkursion  zu den Kladdinger Wiesen, zu der in den nächsten Tagen noch ein kleiner Nachtrag mit Bildern geliefert wird. 
Ein neues Exkursionsziel steht ebenfalls fest: Wir wollen gemeinsam die Umwelt um das Ochtum Sperrwerk  bei Lemwerder erkunden. Stattfinden wird das Ganze am 2. Juni. Weitere Informationen folgen dann  in Kürze. Ebenfalls wurde beschlossen im Laufe der nächsten Woche (vermutlich Dienstag oder Donnerstag) im Bremer Stadtwald die Bestimmung von Gehölzen zu üben. Bei Interesse könnt Ihr schon mal in die Kommentare schreiben wie es euch zeitlich am besten passen würde - oder Ihr teilt es uns per Mail (AGArtenkenntnis@Gmail.com) mit. Ende dieser Woche, wenn sich hoffentlich das Wetter besser abschätzen lässt, werden wir nochmal die genaue Uhrzeit und weitere Infos zu der Aktion rumschicken. 

Freitag, 3. Mai 2013

Exkursion zu den Kladdinger Wiesen

Nochmal zur Erinnerung: 
Am Sonntag dem 5. 5. gibt es, wie bei dem letzten AG-Treffen abgesprochen, eine Exkursion in das Naturschutzgebiet 'Kladdinger Wiesen' (NSG HA 182). Los geht's um 15:00 h und Treffpunkt ist die Haltestelle 'BSAG Zentrum' (s. Karte unten). Wir werden dann gemeinsam mit dem Fahrrad in das Gebiet fahren, Ausschwärmen und uns Pflanzen- und Tierwelt genauer unter die Lupe nehmen. 
Bitte beachtet noch, dass wir uns in einem Naturschutzgebiet mit Wegegebot aufhalten und die Entnahme von Pflanzen und Tieren dort generell untersagt ist. Solltet ihr bei dem letzten AG-Treffen nicht dabei gewesen sein, so schreibt uns doch kurz eine Mail oder sagt einem anderen Teilnehmer bescheid, damit wir niemanden  beim Losfahren vergessen.


Größere Kartenansicht

Die Kladdinger Wiesen sind ein Naturschutzgebiet unmittelbar südlich der Ochtum im Landkreis Diepholz. Es ist Bestandteil des FFH-Gebiets 'Untere Delme, Hache, Ochtum und Varreler Bäke' und besteht aus vorwiegend landwirtschaftlich genutztem Grünland. Teilweise wird jedoch auch Ackerbau (z. B. Mais) betrieben. An Ochtum und Stuhrgraben befinden sich relativ naturbelassene Hochstaudenfluren, Gehölze und Röhrrichte. Für den Naturschutz ist das Gebiet insbesondere durch die Vorkommen störanfälliger Brut- und Gastvögel offener Niederungen bedeutsam, deren Zahlen in den letzten Jahren offenbar jedoch stark rückläufig sind (Link). 


Wir freuen uns schon, also bis Sonntag!